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Text aus:
Hans-Peter Krebs und Harald
Rein (Hrsg.)
1.Aufl. 2000; Münster: Westfälisches
Dampfboot
ISBN 3-89691-475-8
(Seite 187 – 205)
Wie kamst du eigentlich dazu, dich mit dem garantierten
Grundeinkommen zu beschäftigen?
Die erste relevante Veröffentlichung in Deutschland zum
Thema Grundeinkommen, die in der linken Szene umging, im Grünen-nahen
Politikumfeld wahrgenommen wurde, stammte von Arnd Weber und Klaus-Uwe Gerhardt
in der Zeitschrift „Alemantschen". Der Artikel ist in der grünen/linken
Szene sehr aktiv wahrgenommen worden und von Grünen-nahen oder bei den Grünen
selbst aktiven Wohlfahrtstheoretikern. Einige waren schon sehr profiliert, ich
verweise auf Claus Offe. Ich selbst bin von Anfang an, seit den Endsiebzigern,
bei den Grünen gewesen und habe mich dort schon früh, damals war ich noch
Student, um sozialpolitische Diskussionen der Grünen gekümmert. Das hat ganz
persönliche Hintergründe, ich kam aus der Psychiatrie-Szene, habe verschiedene
Jugendprojekte gemacht und bin dann auf die Sozialpolitik gekommen, habe dann
einen Landesfachausschuss der Grünen gegründet, 1982 einen Bundesfachausschuss
und schließlich Anfang 1983 eine größere Tagung zur Zukunft des Sozialstaates
organisiert. Dazu gibt es auch ein Buch Die Zukunft des Sozialstaats,
von dem wir etwa fünftausend Stück verkauft haben. Das hat mir damals sehr
deutlich gemacht, dass die Grünen - die ja immerhin schon vier Jahre
existierten und sich anschickten, in den Bundestag zu kommen -, auf dem Gebiet
der Sozialpolitik noch kein ausreichendes Profil hatten. Aber es gab im Umfeld
der Grünen wesentliche Elemente dessen, was sozusagen grünes sozialpolitisches
Profil zu werden versprach.
Die beiden Fischer-Bände Die ökosoziale Frage (1984) und Das garantierte Grundeinkommen (1986), die du herausgegeben hast, dienten uns als historisches Hintergrundmaterial für die Vorbereitung der Existenzgeld-Konferenz im März 1999. Dabei fiel uns auf, dass das Thema garantiertes Grundeinkommen oder Mindesteinkommen nur für eine kurze Phase Relevanz hatte, also Mitte der 80er Jahre, und danach wieder an Bedeutung verlor. Deshalb die Frage nach den Intentionen, evtl. nach den Implementationsstrategien, die mit diesen beiden Bänden verbunden waren.
Mein Interesse damals war es, systematisch die Diskussion
um die Grünen mit den Diskussionen bei den Grünen zu verknüpfen. Die Frage war:
Was ist für die Grünen der Bezugspunkt? Für mich war damals sehr klar - und das
ist als Hintergrund zu diesen Büchern zu sagen -, dass die Grünen überhaupt
nicht isoliert dastanden. Ich bin dann von Willi Hoss gefragt worden, ob ich
denn als sozialpolitischer Referent in die Bundestagsfraktion der Grünen gehen
wolle, das war Mitte 1983.
Meine Arbeit in der Partei war es, die Intellektuellen,
die sich mit sozialpolitischen Fragen beschäftigen, auf die Grünen hin zu
organisieren. Es gab immer Freunde, Alf Trojan, Ilona Kickbusch zum Beispiel,
die man ansprechen und denen man Gelegenheit geben konnte, sich zu assoziieren.
Und zum Zweiten ging es um die Vertreter der Bewegung selbst, also die Initiativen,
ihre Dachorganisationen. Aber man muss auch gezielt Einzelgruppen,
möglicherweise lokale Gruppen einladen - und das ist möglicherweise ein
politisch delikates Geschäft -, von denen man der Meinung ist, dass sie etwas
Besonderes einzubringen haben. Manchmal sind die Dachverbände träge oder von
Politikkadern besetzt, die einseitig sind. Da gilt es, die Szene zu kennen. Das
war damals die Strategie, die wir versucht haben und die durchaus auf
Unterstützung von vielen Kollegen und Freunden stieß. Und in diesem Kontext
haben wir unter anderem mehrere Tagungen mit Vertretern der Bewegung und
Intellektuellen zum Thema Grundeinkommen/Mindesteinkommen gemacht. Das ist als
Hintergrund zu sehen, für die Bücher, die du gerade erwähnt hast, die nochmal
Persönlichkeiten zu Wort kommen lassen wollten, die im Umfeld schon etwas
eingebracht haben: Andre Gorz hat darin geschrieben, Joachim Hirsch, Claus
Offe, Claudia von Werlhof. Also eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, die bis
heute möglicherweise noch mehr oder weniger im Umfeld der Grünen stehen oder
grün-interessiert im nicht-grünen Feld an inhaltlichen Fragen gearbeitet haben,
damals im Umfeld der Grünen standen. Und natürlich auch kritische
Persönlichkeiten wie Warnfried Dettling, Siegmar Mosdorf. „Ökosozial" war
für mich immer die Frage, wie ich die ökologische Frage, die - theoretischer
Art - Hauptspezifikum der Grünen war, mit einer sozialpolitischen oder sozialen
Frage in Verbindung bringen kann. Das Thema Grundeinkommen spielte schon da
eine zentrale Rolle.
Ganz unumstritten schien die Zuspitzung der ökosozialen Frage auf ein garantiertes Grundeinkommen aber auch schon Mitte der 80erjahre nicht gewesen zu sein.
Die Grundeinkommensdiskussion war bei den Grünen von
Anfang an umstritten. Es gab bei Grünen zumindest zwei Gegenpositionen. Einmal
eine pragmatische Gegenposition, die sagte: Wir wollen nichts verändern. Wir
wollen eigentlich - so spitze ich mal etwas zu - stärker sozialdemokratische
Politik machen. Diese Position, die besagte, die Grünen haben eigentlich kein
eigenes gesellschaftspolitisches Profil, aber wir wollen auch Posten (ich
übertreibe etwas), war damals noch kaum aus der Deckung heraus. Die zweite
Position war eine eher linkssozialistische Position, mehr oder weniger
gewerkschaftsorientiert. Es gab auch noch eine weitere, feministische, die
jedoch in Bezug auf die Grundeinkommens-Diskussion eigentlich nur eine Facette
der gewerkschaftsorientierten, erwerbsarbeitszentrierten Position war. Sie
sagten, es sei Aufgabe des Sozialstaates - den wollen wir, wollen ihn auch
ausbauen -, die Menschen zuerst mal in Erwerbsarbeit zu bringen, und zwar
flächendeckend, in gut bezahlte, sozial gesicherte Erwerbsarbeit. Das ist also
die grobe Konstellation.
Die Befürworter der Grundsicherung waren sich aber auch nicht ganz einig ...
Die andere Position, der ich wiederum zugehörte, war auch
wieder ein Sammelbecken für verschiedene Flügel. Da gab es die Ökolibertären
mit Thomas Schmid als ganz profiliertem Vertreter, Winfried Kretschmann gehörte
dazu. Interessanterweise waren das immer alte K-Leute, alte KBWler oder
KB-Leute, die dann eine Art Saulus-Paulus-Metamorphose hinter sich hatten,
Sozialpolitisch oftmals erstaunlich konservativ waren, aber dennoch ein
bestimmtes Moment von Klassenkampf noch in sich hatten und sagten, wir müssen
die Gesellschaft am Kapitalverhältnis aushebeln - und sie trafen sich wiederum
mit Leuten wie mir oder Claus Offe. Wir gingen von der Diagnose aus, dass die
Erwerbsarbeits- und Sozialpolitikgestaltung in einer wirklichen systemischen
Krise ist. Ulrich Mückenbergers Text über das Ende des
Normalarbeitsverhältnisses war für uns beispielsweise sehr wichtig, natürlich
auch die Arbeiten von Andre Gorz mit seinen polit-ökonomischen Fragestellungen.
Diese Analyse einer technologischen Rationalisierung, die allein durch
systemimmanente Wachstumsimpulse nicht aufgefangen werden kann, sondern die
grundlegendere Umstrukturierungen der Arbeitsverhältnisse erfordert und
natürlich auch Umverteilungsrelationen anders positioniert, haben wir geteilt.
Nur: Wie kann man die Umverteilungsmomente politisch durchsetzen in der
heutigen Zeit? Man kann es durchaus als Dritte-Wegs-Position bezeichnen, mit
der wir argumentiert haben. Offe hatte damals in einem wunderbaren Aufsatz von
der orthodox-linken Position, von der scheinrealistischen Position der
Neoliberalen, die es natürlich auch in Sozialdemokratischen Kreisen gibt, und
von einer gemeinschaftsbezogenen Position gesprochen, also einer, die
versuchte, in der Gesellschaft noch einmal gemeinschaftliche Elemente und
Steuerungspotenziale zu identifizieren, die aber individuell freiheitlich
orientiert sind. Vor diesem Kontext kam Offe schon früh zu der Frage, wie man
die erwerbsbezogene soziale Sicherung zumindest ergänzen und natürlich dabei um
weitere Existenzsicherungspfade erweitern kann. Diesen Grundgedanken hat er
dann später als Garantismus bezeichnet. Ich habe das dann in einen anderen
Theoriekontext eingegliedert, aber im Grundgedanken sind wir uns nach wie vor
einig. Das alles ist ein wichtiger Kontext, weil sich das Ganze nicht nur auf
die Grünen selbst bezieht, sondern eine Diskussion in einem durchaus weiten
sozialwissenschaftlichen Spektrum betrifft, wo Persönlichkeiten eine Rolle
spielen, die nach wie vor einflussreich sind. Ich denke z. B. an Rolf Heinze,
Thomas Olk und viele andere. Man könnte sagen, eine bestimmte relevante linke
Modernisierungsfraktion in der Sozialpolitik. Meine Position, die ich damals
schon vertreten habe, war also zugleich umstritten, auch bei den Grünen, im
grün-nahen Umfeld, auch bei der Linken, also keineswegs isoliert.
Eine Politik irgendwo zwischen Innovation und Strategie?
Es war schon eine Innovation linken Denkens, das muss man
deutlich machen. Wie kann ich quasi in der Mitte der Gesellschaft ankommen,
ohne mich aufzugeben, also ohne Intentionen aufzugeben, zu denen im
Wesentlichen gehört: Wie kann ich die Freiheitspotenziale, die Optionen des
Einzelnen, und zwar jedes Einzelnen, also nicht nur des wohlhabenden Einzelnen,
unter diesen durchaus misslichen und schwierigen Rahmenbedingungen wahren? Da
muss man immer den Kontext sehen. 1982: Lambsdorff-Papier, Reaganomics,
Thatcher, also eine Großwetterlage, die schon damals von einer
Sozialabbaubewegung geprägt war, und zwar in anderen Ländern teilweise viel
stärker als in Deutschland. Ideologisch war unsere Hoffnung damals, dass man
das System in der Sozialdemokratie und auch in der Christdemokratie aufbrechen
kann.
Der Gedanke der Bündnispartner ist der andere wichtige
Punkt gewesen. Was nützen mir die besten Gedanken, die ich nie durchsetzen
könnte, wenn ich keine Bündnispartner habe? Ich habe sehr bald gemerkt, dass
das ein außerordentlich mühsames Unterfangen ist. Ein Schlüsselerlebnis war,
als ich Ende 1983 als Berater von Willi Hoss in der Alterssicherungs-Reformkommission
mitwirkte. Für mich war es damals erschreckend, ganz persönlich zu erleben:
Alles nur Männer, alles nur Beamte und eine Frau vom Landwirtschaftsverband
oder der christlichen Frauenbewegung, vollkommen desinteressiert an
gesellschaftlichen Phänomenen, die ein Drittel oder mehr als ein Drittel der
Bevölkerung betreffen - also ganz stark nur auf ihre eigenen Privilegien
orientiert. Daran hat sich eigentlich grosso modo wenig geändert bis heute. Es
ist etwas durchlässiger geworden, aber nichts hat sich wirklich geändert.
Die Grundeinkommensdiskussion hat mir schon gezeigt, dass
es wirklich eine ungeheure Front ist, die das jetzige System in all ihren
Gliederungen fasst. Die haben sich einen Dreck für die Lebenslage von
Ausgegrenzten interessiert. Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose haben die
überhaupt nicht interessiert, vollkommen parteiübergreifend. Bei den Grünen gab
es ein bisschen mehr Opportunismus dazu, und bei der SPD den einen oder
anderen, der aus dem Gewissen heraus merkte, da stimmt irgendetwas nicht in der
Gesellschaft. Unser Ziel war es damals, eine andere Öffentlichkeit zu
organisieren, und zwar dauerhaft, kontinuierlich zu organisieren.
Daran anknüpfend nochmal die Frage nach der Wende Ende der 80er Jahre, die sich bei den Verlagen widerspiegelt, bei denen die Bücher erschienen sind, z. B. Fischer, also große Verlage. Aus unserer Ex-post-Perspektive schien das damals schon eine sehr breite Diskussion gewesen zu sein, die in sehr vielen verschiedenen Zirkeln diskutiert worden ist, aber meine Wahrnehmung war dann, auch unsere Recherche zeigt das: Irgendwann, so 1987 / 1988 / 1989 bricht das ab, versackt, verlagert sich in irgendeine andere Diskussion; auf der öffentlichen Ebene ist es jedenfalls plötzlich nicht mehr da.
Das kann man verschieden analysieren. Die Rolle der
Grünen war für die Diskussion schon nicht unwichtig, weil sie ein realer Fokus
potenzieller Durchsetzung waren, der sie ja auch real waren. Die Grünen kamen
in eine ganze Reihe von Landesparlamenten, bis in die Regierungsbeteiligung,
1985 in Hessen, 1989 in Berlin. Meine Kollegin Anne Klein wurde Senatorin,
Waltraud Schoppe Ministerin.
Ich denke schon, dass Personen eine Bedeutung haben. Wenn man für bestimmte Positionen keine Personen findet, dann werden die in den Institutionen auch nicht repräsentiert, gerade wenn es randständige Positionen sind, die nur durch ein geschicktes Politikmanagement überhaupt nach oben gebracht werden können. Aber die Sozialpolitik ist immer, in allen Parteien, ein Randthema, auch in der SPD. Sozialpolitik ist, wenn man genauer hinblickt, ein Thema, mit dem sich wirklich nicht viele beschäftigen. Vermutlich hat es etwas damit zu tun, dass sie so ein Selbstkonzept als Bittsteller nahelegt. Nach dem Motto: Wenn der Finanzpolitiker dazukommt, wird man euch die Flausen schon austreiben. Ein Selbstkonzept, das sich selbst nicht so richtig ernst nimmt. Das ist jetzt eine etwas vage, eher essayistische Formulierung, aber nach meinen eigenen, langjährigen Erfahrungen im Sozialpolitiksystem glaube ich: Da ist viel dran. Bei den Grünen ist das eigentlich nicht viel anders. Die politischen Schwergewichte findet man, von Ausnahmen abgesehen, kaum in der Sozialpolitik. Ich sage das als einen Gesichtspunkt, warum die Diskussion so plötzlich abbrach. Denn in der nächsten Fraktion der Grünen war einfach keiner mehr da, der sich dafür interessiert hat. Ab 1990 gab es auf Bundesebene keine Fraktion mehr, nur noch die Bundestagsgruppe aus dem Osten vom Bündnis 90, die sozialpolitisch gar nicht profiliert war. Es gab niemanden, der sich dafür interessiert hat. Ich halte das für einen ganz wesentlichen Punkt, dass sich die, die dann in der Funktion waren, nicht sozialpolitisch definiert haben. Anne Klein z. B. hat sich frauenpolitisch definiert, Waltraud Schoppe auch, Iris Blaul in Hessen ebenso. Die wenigen Positionen, die die Grünen hatten, wurden nicht genutzt.
Ist das als naturwüchsiger Prozess zu verstehen?
Nein, das ist nicht naturwüchsig. Ob sich das geändert
hätte, wenn ich 1987 nicht rausgegangen wäre, weiß ich nicht. Ich bin ja 1987
von den Grünen weg, habe dann ein Institut gegründet und hatte dann mit den
Grünen - das ist auch ein persönlicher Punkt - auf Bundesebene nur noch
sporadische Beziehungen. Persönlich insofern, als sich die Frage stellt, mit
wem man klarkommt. Es gab niemanden mehr, die sich dafür interessiert hat, ich
hatte keine Ansprechpartner mehr für dieses Gebiet.
Das änderte sich erst 1994, als dann wieder eine grüne
Fraktion in den Bundestag kam, mit Andrea Fischer. Aber dazwischen lagen immerhin
sieben Jahre, in denen bei den Grünen auf Bundesebene sozialpolitisch einfach
nichts passierte. Wir hatten übrigens noch 1986/87 ein Buch gemacht, Freiheit
von Armut, mit dem Walter Hanesch zusammen. Der gehörte zu dieser Gruppe um
Stephan Leibfried, die sich mit der BSHG-Politik beschäftigt hat. Mit Thomas
Klein zusammen, der damals noch junger Wissenschaftler war - mittlerweile ist
er Professor in Heidelberg - haben wir dann ein Gutachten gemacht. Das war das
Äußerste dessen, was ich noch ertragen konnte. Es war schon sehr reformistisch:
eine ganz immanente Sozialhilfe-Reform. Aber sie enthielt klare Anschlusspunkte
zur Grundeinkommenslösung. Und was die Grünen dann acht Jahre später mit Andrea
Fischer vorgelegt haben, war nichts anderes als das alte Konzept mit minimalen
Modifikationen, das war also nichts Neues.
Ich habe 1987 dann auch meinen Job als Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft „Soziales und Gesundheit" der Grünen niedergelegt. Mein Kollege damals, Adi Buffe, einer von den pragmatischen Sozialisten, hat das übernommen, und da passierte weniger. Und das ist so bis heute.
Heißt das zugespitzt: Das garantierte Grundeinkommen ist
zwischen den pragmatischen Sozialisten, die sich nicht für das Grundeinkommen
interessierten, und der feministischen Kritik am Grundeinkommen quasi
durchgerasselt? Dann wäre es auch „logisch“; dass sich Waltraud Schoppe und
ähnliche frauenpolitischen Themen zuwenden. Nur hat die sozialistische Richtung
die Partei 1990 doch weitgehend verlassen, und das Grundeinkommen
steht noch immer nicht auf der Tagesordnung.
Ach naja, die sozialistische Richtung gibt es immer noch,
die wachsen immer wieder nach. Eine gewerkschaftsnahe Position findet sich bei
den Grünen immer, mehr oder weniger stark marxistisch begründet. Aber man muss
schon sehen: Das Grundeinkommenskonzept war ein intellektuell anspruchsvolles
Konzept. Und das ist eine große Schwäche. Alle Konzepte, die intellektuell
anspruchsvoll sind, haben immer ein gewisses Problem. Der typische
Grundeinkommensbefürworter ist für mich entweder ein realistischer Revolutionär
à la Andre Gorz - innerlich wirklich ein revolutionärer Mensch - oder
Antikapitalist mit genügend Lebenserfahrung. Es gibt keinen anderen Weg als an
die zentralen Steuerungselemente der Gesellschaft heranzukommen: Eine Variante
davon ist auch Claus Offe als Spätmarxist, der die Situation heute sehr
differenziert sieht, und sehr belesen, sehr gelehrt ist. Das sind
internationale linke Diskussionen, ein relevanter Teil dieser linken
Diskussionen sucht einen pragmatischen Weg der Gesellschaftstransformation. Das
ist eine relevante Position. Die gibt es auch in Basisgruppen, in
Existenzgeldgruppen in den 80er Jahren. Und da gibt es einen anderen Strang,
sagen wir mal religiöser Sozialismus, vor allem katholisch und
anthroposophisch. Die Protestanten tun sich schwer damit: Da gibt es wenige,
weil die immer so eine Arbeitsethik haben. Die wollen irgendwie arbeiten.
Nehmen wir so einen ordentlichen Protestanten, der sagt sich: „Die Leute sollen
plötzlich Geld kriegen, ohne etwas zu arbeiten?" Das ist ein
Fundamentalproblem! Es gibt auch im protestantischen Bereich eine Diskussion -
ich war mehrmals auf den evangelischen Kirchentag eingeladen -, aber die haben
ein echtes mentales Problem, weil die Gottgewolltheit eben erarbeitet werden
muss. So eine Denkfigur spielt in einem subkutanen protestantischen Milieu eine
große Rolle. Im katholischen ist es etwas lockerer, weil man da der Meinung
ist, dass jeder, auch der Sünder, das Recht auf die Himmelsauffahrt hat, weil
letztlich die göttliche Gnade gilt. Da kommt ein solidaristisches Moment mit
hinein, auch ein kapitalismuskritisches, das die Sozialpolitik der katholischen
Kirche immer ausgezeichnet hat, weil man nämlich immer von der
Sozialverpflichtung des Eigentums, auch des Geldes, ausgeht. Im Grundeinkommen
liegt ja eigentlich so eine Figur, dass die Hälfte des Volkseinkommens
sozialisiert wird. Die andere Hälfte wird dann natürlich nach Betrug, Leistung,
Glück, Beziehung verteilt. Also vier Elemente sind es meistens: Verbrechen,
Leistung, Beziehungen, Glück oder Geschenk. Aber ein guter Teil, eben die
Hälfte, 40 oder 50 %, je nach Konzept, würden dann sozialistisch verteilt.
Dieser Grundgedanke macht es Leuten wie Gorz und anderen so attraktiv, weil sie
darin einen realsozialistischen Schritt sehen. Heute heißt Teilhabe nicht nur
Teilhabe an der Produktion, sondern auch am Geldsystem, am Konsumsystem,
Konsumtion. In Joschka Fischers Buch Der neue Gesellschaftsvertrag
spielt das Grundeinkommen eine relevante Rolle. Es ist diffundiert, jeder hat
vom Grundeinkommen irgendwo gelesen. Lafontaine ist auch dafür, öffentlich
nicht, weil es in der SPD nicht opportun ist, aber in den Fußnoten. Der
Gedankenhorizont geht für viele Leute dorthin.
Das hat natürlich theoretische Gründe, weil für das
Grundeinkommen neben dem gesellschaftstheoretischen Vorschlag, nämlich
Konsumtionssozialismus oder Konsumsozialismus, wenn man so will, noch mal die
Rolle des Einzelnen relevant wird. Diese bürgerrechtliche Frage war ja für
andere Persönlichkeiten wie Wolf-Dieter Narr und andere ausschlaggebend, sich
dem Thema Grundeinkommen zu nähern. Es geht um die Rechte des Einzelnen in
einer hoch globalisierten, hoch komplexen Ökonomie. Wie kann ich da einen Fokus
finden, der trotzdem noch Flexibilität im wirtschaftlichen Handeln erlaubt,
weil man sich auch nicht nur als orthodox brandmarken lassen will?
Wir wollten uns nun der aktuellen Situation in den 90ern zuwenden. Wie schätzt du die Differenzen, die Unterschiede zu den 80ern ein? Wie kann man die Veränderungen der Gesellschaft festhalten, um eine Art Vergleich zu machen, um zu lokalisieren, was da passiert ist?
Was ganz deutlich ist, ist das Thema Globalisierung. Das
ist ein Thema, das es in den 80ern so überhaupt nicht gegeben hat. Die
Globalisierung gibt ein anderes Bewusstsein, man ist transparenter, Teil einer
umspannenderen Ökonomie. Ein weiterer, großer Unterschied gegenüber den 80er
Jahren ist die deutsche „Wiedervereinigung", die nochmal ein
retardierendes Moment mit sich bringt, weil sie einerseits so etwas wie
Geborgenheitssozialismus als Wunsch mit hereinbringt, also einen Paternalismus
des Staates, andererseits aber - das kann man als Fortschritt oder als
Rückschritt bewerten - die Frage der hohen Erwerbsbeteiligung der Frauen im
Osten, die später kaum mehr durchgehalten wird, als Trend jedoch nach wie vor
signifikant ist (doppelt so hohe Erwerbsbeteilung im Osten wie im Westen) - mit
komplexen Folgen, nämlich Fragen wie Erziehungsgeld; was bedeutet überhaupt der
Reproduktionssektor? Das ist ein Thema, das in der Grundeinkommensdiskussion
schon immer von Interesse war, und zwar entweder kritisch, wie bei Claudia von
Werlhof und anderen, oder eben gerade visionär, die ökosoziale Diskussion.
Neu hinzu kommt also Globalisierung, Ost/West als Zweites und damit zwei weitere Faktoren: eine hoch pragmatische grüne Politik, weiter eine Arbeitslosigkeit, die Folge eines gesellschaftlichen Reformstaus ist. Es ist ja nach wie vor erstaunlich, wenn ein Kohl sich von Grün oder SPD Kritik dafür anhören muss, dass er versprach, die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Für mich ist das Bestürzende gewesen, dass im Jahre 1998 plötzlich Linke, Grüne einen Kohl des Utopismus ziehen. Das müsst Ihr Euch mal vorstellen - zu einer Zeit, wo wir fast 5 Mio. Arbeitslose, Erwerbslose hatten.
Das Interessante war, dass viele sagten, es sei
unrealistisch, so etwas überhaupt zu fordern. Sie hätten ja dasselbe fordern
können oder zwei Drittel Abbau. Aber sie hatten überhaupt keine Vision dazu.
Das hat mich eigentlich geschockt, dass es Sozialpolitiker einfach nicht
interessiert, ob man die Arbeitslosigkeit reduziert. Dass sie sich damit
befriedigen, andere dafür zu kritisieren, dass sie existiert. Aber: Was sind
denn Eure Alternativ-Vorschläge? Die muss man doch haben, man kommt plötzlich
an die Regierung? Was macht Ihr denn dann? Es gab damals noch eine gewisse
positive Erwartung an die Grünen, und einige haben auch Antworten darauf
gegeben, in welche Richtung man gehen müsste. Ich bin auch fest überzeugt, wenn
wir damals - sagen wir nicht: wir -, also wenn dieses Positionsfeld
damals Gestaltungsmöglichkeiten gehabt hätte oder wenn es eine andere
politische Konstellation gegeben hätte, dann hätten wir heute einen anderen
Status. Dann hätten wir eine Entwicklung wie die Holländer gemacht, in
Variationen natürlich, eine Entwicklung zu institutionellen Reformen, aber mit
Sicherheit keine Arbeitslosigkeit von 4,5 Mio.
Das hätte auch das Diskursfeld verschoben.
Natürlich hätte es das verschoben. Das bringt ja auch
andere in Gang, da müssen andere mithalten. Es ist ja ein Wettbewerb um
Argumente. Das ist der Punkt, muss ich sagen, wo ich meine persönliche
Verantwortung nur auf dem Platz sehen kann, und Ihr Eure, wo man gerade steht.
Man kann ja zu Sachen nichts sagen, wo man nichts bewirken kann. Ich bedauere
es schon, auch wenn es meine Entscheidung war, in die Wissenschaft zugehen. Da
konnte ich dann persönlich auch nichts mehr bewegen. Ich kenne noch viele, die
gibt es alle noch, es gibt auch viele Jüngere. Aber die haben gar keinen Fokus,
wo sie sich einklinken können. Natürlich ist es so, Politiker sind auch
Opportunisten. Wenn sie das Gefühl haben, irgendwo Gewinn zu machen, dann sind
sie dafür. Das Thema Armut, Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, dieses Thema zu
transformieren als eine Vision gesellschaftlicher positiver Gestaltung, das ist
eigentlich der Fokus des ganzes Themas Grundeinkommen.
Aber haben sich denn die Arbeitsverhältnisse nicht selber in dieser Zeit dramatisch verändert? Stichwort Prekarisierung, Reproduktions- also Frauenarbeit, Niedriglohnsektor. Der Arbeitskörper ist nicht mehr wie im Fordismus, wo die Mehrheit hoch tarif-gesteuert war, sondern Nischen-Ökonomie, informelle Ökonomie herrscht vor.
Das müsste doch alles nur für uns sprechen. Wir haben das
doch alle vorhergesehen. Es gibt keine Entwicklung, die man nicht vorhergesehen
hat, mit einer Ausnahme: der deutschen Wende - und da hat man sofort wieder
weitergesehen. Alle Trends von Prognos, jede Studie, die IAB-Studien, haben
alle die gleiche Tendenz gezeigt. Man kriegt mal wieder ein bisschen Beruhigung
an der Front, aber die Trends zeigten dahin, schon Anfang der 80er Jahre.
Vielleicht ist es gerade die Wahrnehmung, dass die Probleme schon seit zwanzig, dreißig Jahren existieren, auch die Lösungsvorschläge, aber dennoch nichts passiert, dass es eine Stagnation im Konzeptionellen gab, das über die Mitte der Achtziger nicht mehr hinausgegangen war. Das nimmt doch viel Reformwillen.
Konzeptionell hat man bestimmte Sachen nicht
weitergedacht. Die Entwicklung verläuft natürlich auch da rasant. Das System
ist ja höchst produktiv und modern, unsere Wirtschaft ist effizient, wir haben
gute Leute in den Institutionen. Die intelligentesten Leute gehen in die
Unternehmensberatungen und machen das System fit. Wir haben es nicht mit Blöden
zu tun, auch auf der Seite der Unternehmer, der Universitäten usw. Aber ich
will nicht einfach eine Kampfstellung skizzieren, sondern sagen, wie das Feld
ist. Die Ebert-Stiftung hat 1998 ein sehr interessantes Buch gemacht, eine
Zukunftsstudie - sehr intelligent. Aber es ist auch interessant, warum so etwas
nicht richtig wirkt. Das hat zwei Gründe: Der erste ist, dass sie zu spät
erschienen ist. Man darf so etwas nicht erst ein halbes Jahr vor der Wahl
erscheinen lassen. Das zweite Problem ist, dass die Leute, die es
transferieren, hier Fehler gemacht hatten: Bodo Hombach und seine Freunde, Rolf
Heinze, der Max-Planck-Direktor Wolfgang Streeck, Klaus Cretschmann als
Abteilungsleiter im Kanzleramt. Das ist alles ein Freundes- und Bekanntenkreis,
die haben am Anfang einen guten Start gehabt und sich dann leider verrannt und
mit dem Schröder/Blair-Papier zunächst erst einmal eine mentale Stagnation
ausgelöst. Das sind alles Elemente aus der Zukunftsstudie, die sie da
aufgegriffen haben, aber sie haben übertrieben. Denn Schröder nimmt man keine
Vision ab. Er hat eine Glaubwürdigkeitslücke. Dem glaubt man, dass er VW einen
Vorteil verschafft, aber man glaubt ihm nicht, dass er irgendetwas verändern
möchte. Blair hat in Großbritannien einen völlig anderen Kontext. Dem glaubt
man das, der hat diese Brücke hingekriegt. Dadurch kann er relativ erfolgreich
agieren. Schröder hat das nicht hingekriegt, und daran hängt dann alles. Was
willst du machen, wenn der Kopf faul ist? Das war der Stand 1999, vielleicht nur
ein Zwischenstand.
Das wäre eine gute Möglichkeit für die Grünen gewesen, ihre Vorstellungen zu pushen.
Die Grünen selber haben in den letzten Jahren ein
schlechtes Politikmanagement betrieben, die haben konzeptionell einfach nicht
vorausgearbeitet. Und wir haben zu viele Pragmatiker an der Spitze.
Pragmatisch, auch pragmatisch, sollen sie alle sein, aber sie sind zu wenig
Leute mit Visionen. Fischer ist in diesem Sinne ja noch eine Spitzenkraft, auf
seinem Gebiet. Der hat noch eine bestimmte Strategie, die auch ein Konzept hat.
Aber mit unserem Gebiet hat das nichts zu tun. Auf unserem Gebiet gibt es da
nichts. Die grüne Bundestagsfraktion hat z. B. ein Papier über Sozialpolitik,
zum Thema soziale Gerechtigkeit, verfasst, ein ganz neues Papier vom 4. November
1999. Da wird alles mögliche vertreten, aber zum Thema Grundeinkommen oder
Grundsicherung wirst du nichts finden. Bei den Grünen muss man„ leider"
sagen, in der Böll-Kommission „Arbeit und Soziales" sind z. B. nur
Wissenschaftler der mittleren Ebene, so gut wie kein Professor, lauter mittlere
Ränge, aber kein Vertreter von einer gesellschaftlichen Gruppe. Man könnte doch
intelligente Vertreter - nicht solche, die einfach Platitüden nachbeten -,
reflektierende Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Umfeldes mit
einbeziehen, um so etwas authentisch mit in so eine Kommission zu bekommen, die
jetzt zweieinhalb Jahre zum Thema „Arbeit und Soziales" Visionen der
Grünen erarbeiten soll. Den Initiatoren der Kommission geht es im Wesentlichen
um das Thema Ehrenamt, um die Bürgergesellschaftsfrage. Ich habe gleich gesagt,
dass man das weiter fassen muss. Aber das ist der Stand. Für mich war das
frappierend.
Die Geschichte der Bundesrepublik ist durch eine gewisse Balance zwischen Lohnarbeit und Einkommen gekennzeichnet, so dass die Einkommensseite entsprechend der Arbeitsseite ist. Und das scheint mir jetzt in den neunziger Jahren völlig auseinanderzulaufen, auch durch sozialstrukturelle Geschichten. Die Frage der Entkopplung von Lohnarbeit und Einkommen wird doch zum zentralen Ansatzpunkt für steuerungspolitische Punkte.
Du musst dir immer vor Augen führen: Wenn du 13 %
Arbeitslose hast, hast du immer noch 87 %, die nicht arbeitslos sind. Wenn du
ein Drittel prekarisierte Arbeitskräfte hast oder 25 %, hast du immerhin 75 %
oder zwei Drittel, die nicht prekarisiert sind. Das reicht doch für die Wahlen!
Und von den anderen bekommst du immer noch ein paar mit irgendwelchen
Versprechungen geködert oder durch sonstige Trends. Es gibt genügend Leute, die
arm sind und trotzdem CDU wählen. Die wählen doch zum Teil ihre eigenen
Schlächter.
Aber was ist das jetzt für eine Politikperspektive?
Das ist traurig ...
.., schon klar ...
Ich meine es umgekehrt. Aus einer sozialen Verwerfung
automatisch abzuleiten, dass daraus ein kritisches Potential sich geriert ...
.., das ist Unsinn, das ist klar ...
Es braucht immer Kräfte, die das übersetzen, umsetzen,
pushen, aktualisieren. Das ist mein durchgängiges Argument. Und wer sind diese
Kräfte?
Das war auch die Idee, die hinter der Existenzgeld-Konferenz stand: Man bringt die Forderung auch politisch in den Umlauf, um sie politisieren zu können. Unsere Praxis war, in Orte zu Fahren und das zu erzählen, und wir haben bisher auch nur ganz positive Erfahrungen gemacht in Konstanz, Tübingen. Das sind Leute, die nie etwas davon erfahren haben, die höchstens Gorz noch kennen. Bei so einer Basislinken sind Fragen um Arbeit, Einkommen etc. seit zehn Jahren überhaupt kein Thema mehr. Die Grundsicherungsdiskussionen der Frühen Achtziger sind weg.
Aber so geht es los. Die Grundsicherung muss überhaupt
wieder ein Thema werden. Dazu musst du viele Strategien fahren. Du musst
publizistisch wirken, du musst durch personelle Präsenz wirken, in geeigneten
Gremien, bei Veranstaltungen, bei Kongressen usw. Und du musst einen Teil der
Menschen, die sich für so eine Sache begeistern und sich dafür einsetzen,
erweitern. Du brauchst die Idee und du brauchst die Transmission der Idee.
Dabei verändert sich immer etwas, das ist normal. Aber du kannst solch eine
Strategie überhaupt nicht durchsetzen, wenn du nicht auch in den anderen
Parteien Menschen findest, die mitziehen. Sonst bekommst du nie einen
Kompromiss zustande.
Das war lange Zeit ein Fehler der Grünen. Die haben nur ihre eigenen Mitglieder agitiert.
Dass das nicht reicht, merkst du spätestens, wenn du
einmal in der Regierung bist. Du musst Leute finden, die mitziehen, aber du
musst auch dein Profil bilden, und du wirst natürlich nicht alles durchsetzen
können.
Ich erinnere mich an einen PROKLA Aufsatz von Stephan Lessenich, der die Sozialpolitik rekapituliert und dabei zu dem Ergebnis kommt, dass die Diskussionen um Offe herum 1987 gewissermaßen den Höhepunkt der deutschen Sozialpolitikdiskussion bildeten und dann ein Abbröckeln stattfand. Dass in einer bestimmten Wissenschaftsproduktion auch nichts Innovatives mehr geleistet wird, könnte man doch als Beitrag zum sozialpolitischen Dilemma von Rot-Grün sehen.
Sicherlich ist mir in den neunziger Jahren nichts an
sozialpolitischen Veröffentlichungen bekannt geworden, was ein wirklicher
Renner gewesen ist. Es ist natürlich viel geschrieben worden, aber mir ist
nichts präsent, wo ich sagen würde, das war jetzt so ein Ding. Aber das ist
auch relativ. Wie Lessenich argumentiert, finde ich schwierig. Offe z. B. hat
in den Achtzigern kein Buch geschrieben. Er hat zwar in einem Sammelband seine
arbeitsbezogenen Aufsätze veröffentlicht, die haben aber keinen so großen
Einfluss mehr gehabt wie die Aufsätze vorher.
Ich sehe eher das Problem, dass man zur Zeit den Grünen
einen Reformimpuls nicht zutraut. Deshalb ist eine Sozialpolitikposition, die
sich auf die Grünen hin orientiert, im Augenblick höchst bescheiden. Ob sich
das ändern kann, halte ich erst einmal für offen. Ich bin der Meinung, dass es
bei uns Potenziale gibt - das müßte man inhaltlich genau abtasten -, dass es
bei uns konkrete Änderungsoptionen, Anknüpfungspunkte für die
Existenzgelddiskussion gibt.
Noch eine andere Frage zwischendrin. Ich meine, einen Kommentar im Radio gehört zu haben, wo ihr - du und noch ein Mitarbeiter - auf einer CDU-Konferenz zum Existenzgeld vorgetragen habt. Deutet das auf eine veränderte Orientierungs- und Implementationsstrategie hin? Setzt man auf die CDU in dem Sinn, dass ja der Schluss mit der Gemeinschaftsorientierung so etwas im Hintergrund zuließe? Macht man einen Implementationsumweg?
Da muss man noch eine ganz andere Linie sehen: Es gibt ja
in den Neunzigern eine ganz andere politische Diskussion, die in Deutschland
gar nicht richtig angekommen ist, der sogenannte Kommunitarismus. Der spielt in
den USA durchaus eine Rolle, in England auch - jedenfalls im intellektuellen
Milieu - in Deutschland aber nur punktuell. Aber der Kommunitarismus ist
subkutan relevant geworden, und das meinst du wahrscheinlich. So meint man
jetzt, ein konservatives Element mit aufzunehmen, indem man von Moral, Werten
und Gemeinschaft spricht. Das muss man genauer betrachten.
Ich selbst habe bei Offe über Gemeinschaft und
Gesellschaft promoviert. Für mich ist es nach wie vor die Frage, dass man sich
bewusst machen muss, in welcher Werttradition man steht, und dass man die auch
stärken muss. Das haben auch die Grünen in der Frühzeit gemacht. Die ganzen
Alternativdiskussionen waren immer auch sehr wertgeladen, nicht so sehr
moralisierend, aber das Thema, auf welchen Werten man gründet. Allein schon die
Grundwerte der Grünen sind Wertdimensionen: sozial, basisdemokratisch,
gewaltfrei. Das sind Wertmuster, die jeweils wieder einen bestimmten
Bewegungskontext haben, auch einen bestimmten philosophischen Kontext.
Das Existenzgeld- und Grundeinkommensthema muss man immer
unter beiden Gesichtspunkten sehen, unter dem der Grünen und als allgemeinen
gesellschaftlichen Trend. Ich als Person neige immer sehr schnell dazu, das
zusammenzumischen, weil für mich die Grünen immer der Hauptbezugspunkt gewesen
sind. Wenn man aber in die europäischen Nachbarländer schaut, ist das
keineswegs realistisch, weil die Grundeinkommensdiskussion am vehementesten in
linksliberalen und Arbeitsparteien - in Holland bei den Demokraten 77 zum
Beispiel - geführt worden ist. Ich glaube, dass man nicht automatisch sagen
kann, das sei nur eine grüne Diskussion. Aber für die Grünen ist es meiner
Meinung nach ein Schlüsselthema, und wenn die Grünen nicht dafür sind, wenn
sich die Grünen dafür nicht einsetzen, dann wird es sehr schwer sein, es
gesellschaftlich zu stärken.
Für mich war das Thema Grundeinkommen immer schon eines,
das in verschiedene Teilschritte operationalisiert werden muss, z. B. mit der
Forderung nach einem Erziehungsgehalt, bei dem ich mehr oder weniger auf einem
Grundeinkommensniveau ein bis drei Freijahre für die Erziehungsarbeit
finanziert bekomme. Das ist ein ganz anderer Fokus als das BAFöG-Reformmodell
der letzten Bundestagsfraktion, das ein reines Kreditmodell war. Eine völlig
andere Perspektive! Aber auch da würde ich pragmatisch sein. Man kann sich ja
eine Mischung vorstellen. Ich würde bei der Implementierung pragmatisch sein,
solange das grundsätzliche Ziel nicht aus den Augen verloren wird, nämlich zu sagen:
Wir wollen eine Ankopplung von sozialen Teilhaberechten am Einkommen, am
Geldsystem entlang der Bürgerrechte. Das ist das Grundmuster. In der Gestaltung
wird das variieren, es kann Mischformen geben und mag in bestimmten
Lebensphasen, im Alter z. B., ausgeprägter sein.
Die Grundrente ist für mich ein weiteres konkretes Thema,
das auch mental wichtig ist. Grundrente ist sicherlich etwas, was eingeführt
werden wird, ähnlich wie in den Niederlanden, den skandinavischen Ländern oder
der Schweiz. Aber es gibt einen harten Kampf darum. Ich habe das schon in den
80ern gesagt, dass man für die Grundrente sein sollte. Sie ist nichts Neues,
nur die Erziehungsgehaltsidee hatte ich nicht. Es kommen bessere und präzisere
Vorschläge. Aber das alles stößt im Establishment noch nicht auf Resonanz. Das
ist der Punkt. Dazu kommt, dass es auch keine Bewegung dafür gibt. Wo gibt es
überhaupt eine Bewegung? Und wenn, wofür ist die dann?
Erstaunlicherweise glaubt ein relevanter, der
überwiegende Teil des Establishments und auch der Sozialpolitikberater, man
käme mit minimalen Korrekturen am System durch. Das überrascht mich immer noch.
Die Diskussion anzuregen, ist einer der Wege. Nochmal darüber nachzudenken, ob
man so weitermachen will. Ich hoffe doch, dass da Bewegung hineinkommt, weil
die Grünen hoffentlich merken, dass sie vor die Wand fahren - wenn sie keine
realistischen Visionen haben. Und ich hoffe natürlich, dass sich auch konkret
Betroffene beschweren. Denn so lange keiner da ist, der sich beschwert, so
lange wird auch nichts passieren. In den Gewerkschaften wird so eine Position
einfach keinen Platz finden.
Und Walter Riester? Ich habe Riester vor kurzem einen
langen Brief geschrieben, weil ich ihn im Fernsehen in einem Phoenix-Interview
gesehen habe. Ich finde ihn gar nicht schlecht. Aber er ist konservativ. Im dem
Interview kam eine Zuschauerfrage, warum er gegen die Grundrente sei. Und er
hat einfach gesagt, das ginge jetzt nicht. Man könne den Übergang nicht machen.
Punkt. Er hat überhaupt kein Argument genannt. Sogar die Journalistin sagte,
sie verstände eigentlich nicht, warum er gegen die Grundrente ist.
Natürlich kann man manches nicht machen. Aber der
langjährige Vorsitzende des Sozialbeirates der Bundesregierung, Winfried
Schmähl hat vor fünfundzwanzig Jahren seine Promotion über die Probleme des
Übergangs zu einer Grundrente geschrieben. Und diese Position, die er damals in
seiner Doktorarbeit entwickelt hat, verkündet er ungebrochen immer weiter.
Zugleich hat er geschrieben, wie man diese Probleme lösen kann. Natürlich kann
man den Übergang lösen. Man muss sich was einfallen lassen, man kann vieles
lösen. wenn man will.
Ich will damit nur darauf hinaus, dass es im Augenblick
ein großer Gewinn wäre, wenn aus Gruppen heraus, die sich damit beschäftigen,
in geeigneter Weise Forderungen an die Politik gestellt würden. Eine solche
Existenzgeldforderung, die gar nicht mit einem großen Konzept verknüpft sein
muss - da kann man sich nämlich nicht einigen. „Lohn für keine Arbeit",
Recht auf Faulheit oder sowas ist für die meisten Leute gar nicht das Thema.
Die Frage ist vielmehr, in welchem Verhältnis eigentlich das Recht auf Arbeit
und das Recht auf Einkommen stehen.
In den Texten aus den 80er Jahren - auch in denen von Offe - wird die Existenzgeldforderung häufig mit der Forderung nach radikaler Arbeitszeitverkürzung verbunden.
Ja, wobei du das praktisch so machen musst: Du musst
meiner Meinung nach ein Zugangsrecht auf Erwerbsarbeit in einem reduzierten
Umfang etablieren. Aber dieses Zugangsrecht muss mit einem Grundeinkommen
kombiniert werden, mit einer vernünftigen Grundsicherungsregelung, weil es
sonst zum Arbeitszwang wird. Im Grunde ist es also nicht anderes als ein
flexibilisierter zweiter Arbeitsmarkt, aber intelligenter. Der Punkt ist, dass
der jetzige zweite Arbeitsmarkt immer noch von einem Modell der Normalisierung
auf zunehmend schlechterem Niveau ausgeht. Wir gehen davon aus, dass der
Arbeitsmarkt für den überwiegenden Teil funktioniert, aber nicht für alle. Und
da er zunehmend nicht funktioniert, muss man systematische
Komplementärstrategien einbauen. Eine ist die monetäre Strategie, die andere
ist der ausreichende sekundäre Arbeitsmarkt für Personen, die in diesen ganzen
Rationalisierungsstrategien auf längere Zeit erst einmal zu den Verlierern
gehören und nicht so schnell wieder adaptiert werden können. Diesen Teil wird
es einfach geben, den du in diese schnelle Produktionsmaschinerie nicht einfach
wirst eingliedern können. Da brauchst du bestimmte Lücken, die etwas lockerer
sind, aber auch schlechter bezahlt sein werden. Das ist einfach so. Früher gab
es in jedem Betrieb zehn, fünfzehn solcher Stellen: Pförtner, Boten, und die
waren trotzdem ganz gut bezahlt. Heute gibt es die alle nicht mehr. Da ist
schon die Frage, was das Normale ist: Was ist das Normalitätsmodell, für das
man sich einsetzt? Und das ist letztendlich die politische Frage. Ist unser
Normalitätsmodell: Für jeden mindestens eine BAT V-Stelle? Oder gar BAT II? Und
zwar ganztags. Ist das die politische Vision, dass man eigentlich Bedienstete
des öffentlichen Dienstes haben möchte? Oder was ist die Vision?
Dieses Visions- und Utopieproblem gibt es allerdings nicht nur bei den Sozialpolitikern oder Sozialpolitikberatern. Das findest du in der Gesellschaft, an der Basis ganz genauso, z. B. auf der Existenzgeldkonferenz: Die Skepsis gegen das Existenzgeld war weit verbreitet; Reformismusvorwurf usw.
Und was war die Alternative?
Keine. Letztendlich keine, höchstens die vage Vorstellung, dass sich alle Marginalisierten sammeln könnten und ...
Und was machen sie dann?
Eben! Man trifft das Problem mit dem Utopiedefizit ganz genauso an der Basis. Es durchzieht die ganze Gesellschaft. Die Verkopplung konkreter Politik mit längerfristigen Vorstellungen funktioniert nicht mehr.
Na gut, das ist der Preis des Todes des klassischen
Kommunismus. Dem kann man nur begegnen, indem man zwei Sachen fokussiert: Ich
würde mich auf inhaltliche Dinge konzentrieren und fragen: Was will ich
eigentlich haben? Und dazu gehört für mich erstens, dass jeder ein Recht auf
eine würdevolle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und damit auch am Konsum
hat.
Also die Gerechtigkeitsfrage.
Ja, das ist für mich eine Teilhabefrage: Jeder soll
teilhaben können am gesellschaftlichen Konsum, damit er überhaupt leben kann,
damit er aufrecht in den Laden gehen kann, - und nicht bloß mit einer Bombe in
der Hand. Das führt schon automatisch zu einer Art vernünftigem Existenzgeld.
Und zum Zweiten muss man auch eine Arbeitsmarktpolitik
fordern, die jedem eine Option gibt, sich selbst zu verwirklichen und sich zu
beteiligen, nützlich für andere zu sein. Zur Selbstverwirklichung gehören aber
nicht nur Erwerbsarbeitsplätze, sondern auch Bildung und die Familie oder was
auch immer, also dass man sich selbst nützlich machen kann in der Gesellschaft.
In der Kombination gibt es auch überhaupt keine Alternative als beides: ein
Recht auf Einkommen und ein Recht auf Arbeit. Ich würde immer beides fordern.
Das ist auch naheliegend, denn die Leute wollen beides. Sie wollen am
gesellschaftlichen Arbeitskörper teilhaben, der eine vielleicht mehr, der
andere weniger. Damit gibt es natürlich auch eine gewisse Verpflichtung. Aber
die Verpflichtung muss immer freiheitlich sein. Verpflichtung kann nicht
bedeuten, dass man die Leute verknechtet wie im BSHG. Das ist unwürdig.
Dass man das Recht auf Einkommen nicht durch das Recht
auf Arbeit verwirklichen will, kann man jedem deutlich machen. Es nützt nichts,
wenn die Leute ein Recht auf Arbeit fordern und das vielleicht erst in acht
oder zehn Jahren durchsetzbar ist. Dann will ich aber auch jetzt ein Geld
haben. Das Recht auf Einkommen ist politisch durchsetzbar. Deswegen würde ich
beides fordern. Es geht nicht darum, die Leute nur mit Geld abzuspeisen. Das
wäre der Typus „neoliberales Befriedungskonzept", nur das Minimalprogramm
Geld - es geht vielmehr auch um Teilhabe an der Gesellschaft.
Solange die Gesellschaft ihre Position wesentlich über
Erwerbsarbeit bestimmt, halte ich das Recht auf Arbeit für vollkommen richtig.
Es geht mir um Teilhabe: Man muss in einer relevanten Art und Weise am
gesellschaftlichen Kontext teilhaben können. Wenn ich Recht auf Arbeit fordere,
bedeutet das, dass das System sich Gedanken machen muss, wie es jeden
hereinlässt.
Aber das ist doch genau das Problem!
Das ist ein Problem, aber es ist nicht ohne Erfolg. Eines
der wenigen Projekte, die bei der jetzigen Regierung einigermaßen erfolgreich
gelaufen sind, war das Jugendarbeitslosigkeitsprogramm. Da muss man sich eben
was einfallen lassen. Da muss man eben rumtingeln und sagen: „Bildet Leute
aus!"
Es geht aber auf der anderen Seite darum, dass dieser sozialdemokratische Typ „Wir fordern Arbeit, mehr Arbeit, Arbeit, Arbeit“; isoliert und alleine schädlich ankommt.
Das wirkt total schädlich. Ich sage, das ist das
Minimalprogramm. Ich wollte ein Minimal-Issue bringen: Recht auf Arbeit und
Recht auf Einkommen, wenn ich beides fordere, und zwar unabhängig voneinander.
Es muss auch ein Recht auf Einkommen ohne Arbeit geben, das ist nämlich die
Konsequenz.
Es kommt also auf die Entkopplung von Arbeit und Einkommen an.
Letztlich ist es die Entkopplung. Man muss die beiden
Sachen separat behandeln. Es geht eben auch darum, einen relevanten Teil des
gesellschaftlichen Vermögens, vierzig bis fünfzig Prozent - also bis zur Hälfte
des gesellschaftlichen Volkseinkommens - erst mal allen gleichermaßen möglichst
nach dem Minimalbedarf zugute kommen zu lassen. So daneben ist das nämlich
nicht. Wenn man sich anschaut, wie das heutige Volkseinkommen verteilt wird,
geht es schon in die Richtung, etwa 40 bis 50 % werden schon so verteilt. Aber
die Kanäle sind falsch. Die Kanäle halten nur noch die Illusion aufrecht, ich
würde mit meiner Arbeit nur mich versorgen. Da kommen wir in philosophische
Fragen. Arbeitest du, wenn du einen Job hast, wirklich für dich? Das ist eine
zentrale Frage. Wir sind so wahnsinnig eingebunden in das Gesamtsystem. Die
Globalisierung hat auch den großen Bonus, dass wir wirklich in das Gesamtsystem
eingebunden sind, dass wir von anderen abhängig sind, dass wir im Grunde für
andere arbeiten. Die spannende Frage ist dann, in welcher Weise ich etwas
einbringen muss. Das ist die kommunitaristische Fragestellung gewesen, und das
ist eine schwierige Frage. Darum sage ich bewusst: Recht auf Arbeit, weil ich
davon ausgehe, dass - so meine Prämisse - der überwiegende Teil der Menschen
willens und bereit ist, sich gesellschaftlich einzubringen. Das Spektrum
dessen, wie sich das Recht auf Arbeit einlöst, muss deutlich weiter sein als
jetzt, eben nicht nur in kapitalistischen Betrieben, sondern das können
Familienzeiten sein, es können Bildungszeiten sein, es können Zeiten sein, wo
ich in gemeinnützigen oder anderen Einrichtungen tätig bin. Da muss man sich
was einfallen lassen. Man muss ein breites Spektrum solcher Möglichkeiten
schaffen, mit dem man so ein Recht einlösen kann.
Politisch praktisch bedeutetet das, dass mit dem Dritten Sektor sehr viel Unfug betrieben wird, mit Eigenarbeit, ehrenamtlichen Tätigkeiten. Bei Evers z. B. kommt ein ziemlich konservativer Trend dabei heraus.
Da machst du ein neues Fass auf. Insoweit hast du recht:
Es ist dann konservativ, wenn es sich nicht darum schert, wie die Leute zu
ihrem Lebensunterhalt kommen. Und das ist natürlich eine hoch interessante
Frage. Natürlich will ich erst einmal, dass die Leute versorgt sind. Sie müssen
erst einmal eine gewisse Grundsicherung haben. Aber es gibt schon eine ganze
Reihe intelligenter Gedanken verschiedener Autoren, auch die
Ebert-Stiftungs-Kommission war da ganz klug und hat differenzierte Modelle
vorgeschlagen. Man wird einsteigen mit einer Palette von Maßnahmen für
verschiedene Lebenslagen und einer reformierten Sozialhilfe, einer
Grundsicherung. Ob das irgendwann zu einer Art Grundeinkommenssystem, einem
allgemeinen Existenzgeldsystem, führen wird, wird man sehen. Vermutlich ist es
wünschenswert. Ich sage bewusst vermutlich wünschenswert.
Aber viele Leute haben genau ein solches Einstiegsmodell als Abschreckung im Kopf. Sie sind der Meinung, dass die neoliberalen Kräfte die Lage so einschätzen, dass ein Grundsicherungssytem nicht zu verhindern sein wird, und setzen dann abfedernd so ein Vorreformmodell ein, um den großen Andrang abzuwehren.
Das kann natürlich sein. Das wird man dann sehen, das
hängt vom gesellschaftlichen Diskurs ab. Das hängt für mich noch an ...
... den Kräfteverhältnissen?
Ja, an den Kräfteverhältnissen.
(Das Gespräch führten Frieder Dittmar und Hans-Peter
Krebs in Bonn am 11.11.1999)