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Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen
Oschatz, 6.-7.Oktober 2007

Antrag: SW 5

Antragsteller: Jusos Chemnitz

Thema: Unterstützung der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens

Die LDK möge beschließen und an den Juso-Bundeskongress und den Landesparteitag der SPD Sachsen weiterleiten:

Die Jusos Sachsen bekennen sich zum so genannten bedingungslosen Grundeinkommen linker Prägung als anzustrebende Alternative zum gegenwärtigen Sozialstaatsmodell.

Dass das gegenwärtige Sozialstaatssystem kein Sicherungssystem im klassischen Sinne darstellt, die finanzielle Unsicherheit sich in die Mittelschicht ausbreitet, Reformen à la Hartz IV keine Verbesserungen bewirken und die soziale Demokratie generell bedroht ist, sind Befunde, die nicht von großer Phantasie zeugen. Gleichwohl verbindet sie aber die Phantasie, für manche Utopie, des bedingungslosen Grundeinkommens als Alternative, als Ausweg und als Chance.

Nicht zuletzt aufgrund der Besetzung der Thematik durch konservative und wirtschaftsliberale Parteien ist es dringend nötig sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) sozialistischer Prägung stark zu machen. Dieses ist charakterisiert durch sechs unumstößliche Merkmale:

Das BGE wird als Geldleistung ohne Nutzungsbeschränkung ausgezahlt.
Das BGE ist eine staatliche Transferleistung.
Das BGE wird ab Geburt jedem in Deutschland Lebendem bis zum Tode ausgezahlt.
Das BGE wird einkommensunabhängig ausgezahlt (ohne Bedürftigkeitsprüfung).
Das BGE erfordert keinerlei Gegenleistung (wie etwa Arbeitsbereitschaft).
Das BGE ermöglicht durch die Höhe der Transferzahlungen ein selbst bestimmtes Leben (Orientierung: Pfändungshöchstgrenze).

Alle gegenwärtigen Transferzahlungen, wie beispielsweise Kindergeld, BAföG, Rente oder Arbeitslosengeld, entfallen und werden zur Finanzierung des BGE herangezogen. Die Jusos Sachsen unterstützen mit diesem Antrag die Abkehr von einem erwerbsarbeitsgebundenen und damit konservativen, soziale Ungleichheit nicht beseitigendem Sozialstaatssystem, das durch neuere und neuste Entwicklungen wie Massenarbeitslosigkeit, Individualisierung, Globalisierung, Flexibilisierung und Prekarisierung seine vormalige Leistungsfähigkeit eingebüßt hat und auf ein Minimum an sozialer Sicherheit geschrumpft ist.

Begründung:

Wenn es auch zugegebenermaßen etwas ungewöhnlich ist, so werden im Folgenden nicht die Argumente für, sondern die Argumente, die gegen die Einführung eines BGE sprechen, diskutiert. Diese Perspektive ist der Tatsache geschuldet, dass die (angenommenen) Vorteile, wie etwa die Entkoppelung von Arbeit und Einkommen, das Verschwinden existenzieller Ängste, die Abschaffung der Offenlegung privater Lebensumstände, die Einsparung eines Teils des Bürokratieapparates, in marx'scher Terminologie eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses von Kapital und Arbeit in Richtung Arbeit, die Ermöglichung der Besetzung von Arbeitsplätzen im kulturellen und sozialen Sektor oder der Aufhebung von Stigmatisierungen, über breite Strecken als konsensual und anstrebenswert gelten. Es sollen also im Folgenden einige Vorurteile das BGE betreffend diskutiert werden:

Die Annahme das BGE stelle eine staatliche Aufforderung zum Faulenzen dar, kann auf mehreren Ebenen widerlegt werden: So ist einerseits die immaterielle Bedeutung von Erwerbsarbeit seit Jahrzehnten unumstritten, und andererseits führt das egoistische Bestreben der Menschen, das den Kapitalismus erst herbrachte, in einer Gesellschaft des BGE's gerade dazu, dass diese bestehen kann, indem sich niemand mit einem Minimalauskommen von 900 Euro zufrieden geben wird.

Ein anderer Kritikpunkt bezieht sich auf die Veränderung des Lohnniveaus; so wird angenommen, dass es zu einem adäquaten Fallen der Löhne komme, da es sich die Bürger leisten könnten, für weniger Geld zu arbeiten. Hier ist einerseits zu entgegnen, dass ein Absinken zum einen verschmerzbar wäre, wenn die Unternehmen zur Finanzierung des BGE besteuert würden und zum anderen eine Ausbeutung der Arbeitnehmer durch einen Mindestlohn verhindert werden kann.

Einen dritten Kritikpunkt stellt die Frage dar, warum bekommen auch „Reiche“ das BGE und nicht nur „Arme“? Dem ist zu entgegnen, dass „die Reichen“ durch das BGE nicht „noch“ reicher werden, da sie ihr BGE neben den üblichen Einkommensteuern wieder abführen. Im Saldo bleibt ihnen, so die meisten Konzeptionen, kein finanzieller Vorteil. Ihnen bleibt aber wohl der Vorteil der existenziellen Sicherheit und damit der Freiheit.