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Text aus:
Katholische
Sozialakademie Österreichs (KSOE)
03/2003
Dossier: Grundeinkommen
– Soziale Innovation für die Welt des 21. Jahrhunderts
Seite 27 –
28
Der ALASKA
PERMANENT FUND
Ein Scheck
über 1500 $ für jeden Mann, jede Frau, jedes Kind im Land, ausbezahlt vor
Weihnachten, steuerfrei und ohne andere Verpflichtung, als im Land zu wohnen:
in Alaska ist das seit zwanzig Jahren Realität.
Im Jahr 2002
waren es genau 1.540,76 US-$ pro Person, die als eine Art Dividende aus dem
"Alaska Permanent Fund" ausbezahlt wurden, einem Fond, der vor 20
Jahren mit den reichen Erdöl-Einnahmen aus den neu entdeckten Erdölfeldern auf
Alaskas Boden eingerichtet wurde.
Alaska -
rauhes, reiches Land
Die
Lebensbedingungen in Alaska sind von eher karger Natur. Der flächenmäßig größte
Staat der USA liegt westlich von Kanada und verfügt über keine direkte
Verbindung zum Rest der Vereinigten Staaten; dafür ist Sibirien über die
Beringstraße nur 90 km Luftlinie entfernt. Riesige Wälder mit reicher Tierwelt
kennzeichnen den milderen und feuchten Süden, während der größte Teil des
Landes aus baumloser Tundra mit Dauerfrostboden besteht. Dort finden sich
allerdings jene reichen Erdöl- und Erdgasvorkommen, die heute Alaska zu einem
reichen Land machen.
Als 1977
Einnahmen und Steuern aus dem größten Erdölfeld, das je in Nordamerika entdeckt
wurde, in die Staatskasse zu fließen begannen, wurde ein Teil davon in einen
Fond gelegt, um für zukünftige Generationen vorzusorgen, wenn die Ölfelder
einmal erschöpft sein werden. Nebenbei ging es auch darum, politischer
Verschwendung und unnützen Investitionen Schranken zu setzen. Der Fonds wurde
regelmäßig weiter aufgestockt und beinhaltet heute mehr als 500 Mrd. US-$.
Die Idee,
einen Teil der rasch wachsenden Gewinne jährlich an die Bevölkerung
auszuzahlen, sollte allerdings noch einige Jahre auf sich warten lassen. Das
erste Gesetz, das vorsah, die Anteile nach der Dauer des Aufenthalts im Land zu
staffeln, damit die Abwanderung zu bremsen und der Altersarmut
entgegenzuwirken, wurde jedoch vom US-Verfassungsgerichtshof als
gleichheitswidrig aufgehoben.
Die
daraufhin beschlossene Neuregelung sieht die gleichmäßige Verteilung der Hälfte
des jährlichen Zuwachses (mit einer Durchrechnung über fünf Jahre, um zu große
Schwankungen zu vermeiden) an alle Bewohner vor. Der Start erfolgte 1982 mit
einer Auszahlung von 1000 $ pro Person.
Zwar waren
die ausbezahlten Beträge in den Folgejahren wesentlich niedriger, erst 1995
wurden wieder annähernd 1000 $ erreicht. Doch dann ging es rasch aufwärts, die
bisher höchste Auszahlung, im Jahr 2000, belief sich auf 1963 $.
Begünstigung
der unteren Einkommen
Rund 600.000
Personen, die die Absicht bekunden, in Alaska zu bleiben, etwa 95% der
Wohnbevölkerung, bekommen einen Scheck. Das gesamte Personeneinkommen der
Wohnbevölkerung steigt damit um 6%. Zwar ist die Dividende der
US-Einkommensteuer unterworfen, diese trifft jedoch nur einen sehr kleinen Teil
der Empfänger, der Staat Alaska verlangt von seinen Bürgern keine
Einkommensteuer. Er verzichtet auch darauf, Empfängern von Sozialhilfe oder
anderen Transfers die Dividende anzurechnen, so dass das Geld besonders
Personen mit niedrigem Einkommen und Familien mit mehreren Kindern zugute
kommt.
Obwohl die
Dividende nicht als Instrument der Verteilungspolitik konzipiert war, schafft
sie vor allem mehr Handlungsspielraum für Niedrigeinkommensbezieher. Besonders
wirksam werden die öffentlichen Zahlungen in den ländlichen Gebieten, wo das
Pro-Kopf-Einkommen zu den niedrigsten der gesamten USA zählt und die
öffentliche Verwaltung praktisch der einzige Arbeitgeber ist. Für Fischer und
Holzarbeiter, deren Einkommen starken Schwankungen unterworfen sind, macht die
Dividende oft mehr als 10% ihres Jahreseinkommens aus. Doch nicht nur für diese
Gruppen, für die gesamte Wirtschaft des Landes ist die Dividende zu einem
wichtigen Stabilisator geworden.
Was
geschieht mit dem Geld?
Zwar gibt es
bis heute keine wissenschaftliche Studie darüber, was diese Verteilung von
Mitteln bewirkt. Sicher scheint, dass der größte Teil für den Kauf dauerhafter
Wirtschaftsgüter verwendet wird, was sich auch in zusätzlichen Arbeitsplätzen
in der Produktion und im Handel niederschlägt. Davon zeugen auch Werbekampagnen
von Auto- und Möbelhändlern vor der Zeit, zu der die Schecks verteilt werden.
Dass dies in die Vorweihnachtszeit fällt, verstärkt wohl den Trend, das Geld
für größere Konsumausgaben zu nützen, für die sonst längere Zeit angespart
werden müsste. Dazu kommen Rücklagen für Alter und Notfälle, oder für das
Studium der Kinder. Die ursprüngliche Befürchtung, dass Menschen auf Grund
einer einmaligen höheren Einnahme ihr Arbeitsangebot reduzieren könnten,
scheint sich hingegen nicht zu bestätigen, jedenfalls nicht in einem
statistisch nachweisbaren Ausmaß.
Wegen der
offenen Grenze zum Rest der Vereinigten Staaten lässt sich auch nicht
feststellen, ob die Dividende Zuwanderer anlockt. Das mag in Einzelfällen für
Familien mit einer größeren Kinderzahl zutreffen, nachweisbar ist es jedoch
kaum und der Effekt wird durch die Voraussetzung des einjährigen Aufenthalts in
Grenzen gehalten. Andererseits dürfte auch die Abwanderung von jungen Menschen
und Pensionisten gebremst werden.
Sicher ist,
dass die Auszahlung der Dividende die Einkommensverteilung in Alaska stark
beeinflusst hat. Im Verlauf der vergangenen 10 Jahre hat sich das
Familieneinkommen der untersten 20% um 28% erhöht, vergleichen mit 7%
Einkommenszuwachs des reichsten Fünftels. Im Rest der Vereinigten Staaten war
es fast umgekehrt: 12% Einkommenszuwachs für das untere Fünftel und 26% für die
reichsten 20%.
Für die
Bessergestellten hat die Dividende keine große Bedeutung, sie erhöht das
verfügbare Einkommen nur geringfügig und wird noch dazu durch US-Bundessteuern
reduziert. Ihr Interesse ist ein anderes als das der Ärmeren. In der sich
abzeichnenden Situation eines Rückgangs staatlicher Einnahmen aus dem Erdöl
würden sie vermutlich eher für eine Reduktion oder Streichung der
Fonds-Auszahlung votieren denn für die Neueinführung progressiver
Einkommensteuern.
Fonds als
Gemeinschaftseigentum?
Viele
Einwohner von Alaska sehen heute die Dividendenzahlung aus dem Permanent Fund
nicht als eine Zuwendung. Damit werden auch die Auszahlungen nicht als eine
Zuwendung der Regierung betrachtet, sondern als Verteilung von Gewinn aus einem
Eigentumsanteil. Nach dieser Vorstellung gehört jedem Einwohner ein Teil des
Fonds und hat damit einen Anspruch auf einen gleichen Anteil an den Einkünften.
Dies bedeutet auch, dass das Programm nicht als eine Regierungsinitiative zur
Armutsbekämpfung betrachtet wird. In Wirklichkeit ist der Fonds öffentliches
Eigentum und die Bürger können nur so lange über seine Verwendung mitreden, wie
sie im Land wohnen. Wenn sie auswandern oder sterben, verlieren sie ihre
Ansprüche.
Permanent
Fund und Grundeinkommen
Lassen sich
aus dem Experiment der Verteilung von Einkommen in Alaska Erfahrungen ableiten,
die auf ein Grundeinkommen übertragbar wären? Bei aller Unterschiedlichkeit der
Gesellschaften, Höhe und Form der Auszahlung und der Finanzierung, sind einige
Elemente hervorzuheben:
- Wenn die
für alle gleiche Auszahlung einer Dividende eindeutig den Amen zugute kommt,
könnte dies auch für ein allgemeines Grundeinkommen gelten, vor allem dann,
wenn bei höheren Einkommen in der Besteuerung ein Ausgleich geschaffen wird;
- Der Effekt
einer gleichmäßigeren Einkommensverteilung ist vor allem auf die Verbesserung
der Einkommenssituation der schlechter Gestellten zurückzuführen - der oben
vorgenommene Vergleich nach Prozenten verzerrt das Bild. Ein allgemeines
Grundeinkommen würde zweifellos ebenfalls zu einer gleichmäßigeren
Einkommensverteilung führen.
- Es zeigt
sich, dass die für alle gleiche Dividende umso eher als gerecht empfunden wird,
als der Fonds als gemeinschaftliches Eigentum aller Bewohner und nicht als
Staats- oder Steuergeld betrachtet wird. Das Bewusstsein, dass nicht nur
Erdölquellen auf Staatsgrund, sondern sehr viel anderes an natürlichen,
menschlichen und kulturellen Ressourcen nicht das Eigentum einzelner, sondern
Erbe aller ist, wird wesentlich sein für die Akzeptanz allgemeinen
Grundeinkommens.
- wo -
Quellen:
Scott Goldsmith; The Alaska Permanent Fund Dividend:
An Experiment in Wealth Distribution,
Beitrag für
BIEN, Sept. 2002, Genf.
Scott
Goldsmith ist Professor für Ökonomie und Direktor des Instituts für Sozial- und
Wirtschaftsforschung an der Universität für Alaska, Anchorage
http://www.apfc.org
Alaska Permanent Fund
15 Euro für
jede arme Familie in Brasilien
Mit
umgerechnet 15 Euro pro Monat will die brasilianische Regierung künftig jede
arme Familie des Landes unterstützen. Das kündigte der neue Staatpräsident Lula
da Silva als Teil seines Programms gegen den Hunger an. Rund 46 Millionen
Bedürftige sollen in den nächsten vier Jahren in den Genuss staatlicher Hilfe
kommen. Die Familien können das Geld per Magnetkarte von einer staatlichen Bank
abheben. Damit sollen sie die in ihrer Region üblichen Lebensmittel erwerben.
Sie müssen allerdings lokalen Komitees jeden Tag nachweisen, dass auch
tatsächlich regionale Waren gekauft wurden. Auf diese Weise soll die regionale
Landwirtschaft gefördert werden.